Sie suchen nach einer sanften, natürlichen Behandlung für chronische Beschwerden? Die Kräuterheilkunde nach Hildegard von Bingen verbindet jahrhundertealtes Wissen mit ganzheitlichem Heilansatz. Diese traditionelle Methode kann wertvolle Impulse für die moderne Naturheilkunde geben.
Wer war Hildegard von Bingen?
Hildegard von Bingen lebte von 1098 bis 1179 – vor über 900 Jahren. Sie war Äbtissin, Mystikerin und eine der bedeutendsten Heilkundigen des Mittelalters. Ihr medizinisches Hauptwerk Physica beschreibt die Heilkraft von über 200 Pflanzen, Mineralien und Tieren.
Das Besondere an Hildegards Ansatz: Sie betrachtete den Menschen nicht isoliert, sondern als Teil der Schöpfung. Körper, Seele und Geist bilden eine Einheit. Krankheit entsteht nach ihrem Verständnis durch ein Ungleichgewicht der körpereigenen Kräfte – der Viriditas (Grünkraft).
Die katholische Kirche erhob Hildegard 2012 zur Kirchenlehrerin und erkannte damit ihre theologische und medizinische Bedeutung an. Ihre Heilkunde wird heute weltweit praktiziert.
Was ist das Besondere an der Hildegard-Heilkunde?
Die Hildegard-Medizin arbeitet nicht mit isolierten Wirkstoffen, sondern mit der ganzen Pflanze. Sie unterscheidet sich deutlich von der modernen Phytotherapie.
Hildegard ordnete Heilpflanzen nach ihrer Subtilität – ihrer feinstofflichen Qualität. Manche Pflanzen wirken erwärmend, andere kühlend. Einige stärken die Discretio (Unterscheidungskraft), andere beruhigen das Gemüt.
Grundprinzipien der Hildegard-Heilkunde:
- Ganzheitliche Betrachtung von Körper, Seele und Geist
- Prävention durch richtige Lebensweise und Ernährung
- Einsatz von Heilkräutern in ihrer natürlichen Form
- Berücksichtigung der individuellen Konstitution
- Stärkung der Selbstheilungskräfte
Eine gute Therapie arbeitet nicht nach starrem Schema, sondern entwickelt individuelle Behandlungspläne. Die Hildegard-Heilkunde kann dabei wertvolle Ansätze liefern – allerdings sollte man ihre Methoden kritisch prüfen und zeitgemäß anpassen.
Welche Kräuter empfahl Hildegard von Bingen?
Hildegard beschrieb über 200 Heilpflanzen. Einige davon haben sich in der naturheilkundlichen Praxis bewährt.
Die wichtigsten Hildegard-Heilpflanzen
Bertram (Anacyclus pyrethrum): Das „Universalgewürz“ der Hildegard-Küche stärkt die Verdauung und wärmt von innen. Die Wurzel enthält Scharfstoffe, die den Stoffwechsel anregen. Bei Schwäche, Erschöpfung und Verdauungsbeschwerden wird Bertram traditionell eingesetzt.
Galgant (Alpinia officinarum): Hildegard nannte diese Ingwerart das „Gewürz des Lebens“ – zu Recht. Galgant wärmt das Herz, fördert die Durchblutung und gibt neue Kraft. Die Anwendung erfolgt bei Herzschmerzen, Müdigkeit und niedrigem Blutdruck.
Quendel (Thymus serpyllum): Hautausschläge, Ekzeme und chronische Entzündungen sprechen auf den wilden Thymian an. Nach Hildegard reinigt Quendel Haut und Blut gleichermaßen. Das Pulver kann innerlich eingenommen oder äußerlich aufgetragen werden.
Fenchel (Foeniculum vulgare): Ein „fröhlich machendes“ Kraut – so beschrieb Hildegard den Fenchel. Er lindert nicht nur Blähungen und Verdauungsbeschwerden, sondern hebt auch die Stimmung. Fenchel gehört zu den am häufigsten verwendeten Hildegard-Kräutern.
Wermut (Artemisia absinthium): Bei chronischer Müdigkeit und Leberschwäche kommt Wermut-Wein zum Einsatz. Das extrem bittere Kraut unterstützt Leber und Galle kraftvoll. „Meister über alle Erschöpfungen“ nannte Hildegard den Wermut – eine durchaus treffende Bezeichnung.
Diese Pflanzen sollten nicht isoliert betrachtet werden, sondern im Kontext einer ganzheitlichen Behandlung – ergänzt durch Ernährungsempfehlungen und Anpassungen der Lebensweise.
Für wen eignet sich die Hildegard-Kräuterheilkunde?
Die Hildegard-Medizin zielt darauf ab, die Ursachen von Beschwerden zu behandeln – nicht nur Symptome zu unterdrücken.
Bewährte Anwendungsgebiete:
- Verdauungsbeschwerden und Reizdarm
- Chronische Müdigkeit und Erschöpfung
- Hauterkrankungen wie Neurodermitis und Ekzeme
- Herz-Kreislauf-Beschwerden (unterstützend)
- Stimmungsschwankungen und leichte depressive Verstimmungen
- Wechseljahresbeschwerden
- Chronische Entzündungen
- Migräne und Kopfschmerzen
Wichtig: Die Hildegard-Heilkunde ersetzt nicht die schulmedizinische Behandlung schwerer Erkrankungen. Bei akuten Beschwerden oder schweren Krankheiten ist eine enge Abstimmung mit Ihrem Arzt unverzichtbar.
Die Therapie eignet sich besonders für Menschen, die einen ganzheitlichen Behandlungsansatz suchen. Sie sollten bereit sein, auch Ihre Ernährung und Lebensweise anzupassen – denn nach Hildegard gehört beides zur Heilung.
Wie werden Hildegard-Heilkräuter angewendet?
Eine fundierte Behandlung beginnt mit einer ausführlichen Anamnese. Dabei werden nicht nur körperliche Beschwerden erfasst, sondern auch Lebensumstände, Ernährungsgewohnheiten und seelische Verfassung berücksichtigt.
Darreichungsformen nach Hildegard
Hildegard empfahl verschiedene Zubereitungen:
Kräuterpulver: Getrocknete Kräuter werden fein gemahlen und über das Essen gestreut oder in Wasser eingerührt. Diese Form bewahrt die Heilkraft der Pflanze und ist einfach anzuwenden.
Kräuterwein: Traditionell werden Heilkräuter in Wein angesetzt – idealerweise in Bio-Qualität. Der Alkohol löst fettlösliche Wirkstoffe und macht sie verfügbar. Wermut-Wein oder Petersilien-Honig-Wein gehören zu den klassischen Rezepturen.
Latwergen: Diese streichfähige Mischung aus Kräuterpulver und Honig eignet sich besonders für bittere Kräuter. Die süße Form erleichtert die Einnahme deutlich.
Tees und Abkochungen: Einige Kräuter wie Fenchel oder Quendel werden als Tee zubereitet. Hildegard gab genaue Anweisungen zur Zubereitung – diese Rezepturen haben sich bewährt.
Die Behandlungsdauer richtet sich nach den individuellen Beschwerden. Bei chronischen Leiden wird eine Therapie über 6-12 Wochen empfohlen. In dieser Zeit sollten die Kräuter täglich angewendet werden – Regelmäßigkeit ist entscheidend.
Schreiben Sie mir eine Nachricht. In einem persönlichen Gespräch entwickle ich mit Ihnen einen individuellen Behandlungsplan – inspiriert von Hildegards Heilwissen, aber angepasst an moderne Erkenntnisse.
Was ist der Unterschied zur modernen Phytotherapie?
Die moderne Phytotherapie arbeitet mit standardisierten Extrakten und isolierten Wirkstoffen. Johanniskraut-Präparate enthalten beispielsweise definierte Mengen Hypericin – dem vermuteten Hauptwirkstoff.
Die Hildegard-Heilkunde geht einen anderen Weg. Sie verwendet die ganze Pflanze in ihrer natürlichen Form. Nicht einzelne Wirkstoffe heilen, sondern die Subtilität der Pflanze – ihre Gesamtheit aus Inhaltsstoffen, Energie und feinstofflicher Qualität.
Ein Beispiel: Hildegard empfahl Galgant nicht wegen isolierter Scharfstoffe, sondern weil er das Herz wärmt und die Viriditas stärkt. Diese ganzheitliche Sichtweise lässt sich schwer durch moderne Laboranalysen erfassen.
Sinnvoll ist es, beide Ansätze zu verbinden. Traditionelles Wissen kann wertvolle Impulse geben – sollte aber durch moderne Erkenntnisse über Wirkmechanismen und Wechselwirkungen ergänzt werden. Nicht Entweder-Oder, sondern kritische Integration.
Die Hildegard-Heilkunde hat sich über 900 Jahre bewährt und bietet einen reichen Erfahrungsschatz. Allerdings sollte man ihre Empfehlungen nicht unkritisch übernehmen, sondern zeitgemäß interpretieren und anpassen.

